Intersex Awareness Day - Interview mit Katharina Keßler
DruckversionPDF-VersionSexuelle und geschlechtliche Vielfalt
26.10.2023 | 13:00 Uhr
„Fußball ist für alle da!“ - Das ist ein Ziel, das sich der Südbadische Fußballverband gesetzt hat. Unabhängig von Alter, Herkunft, Glaube, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, sowie von sexueller und geschlechtlicher Identität, sollen alle fußballbegeisterten Menschen einen Platz finden und willkommen sein. Was ganz einfach klingt, war insbesondere für trans*, inter* und nicht-binäre (tin*) Menschen bis vor kurzem praktisch unmöglich. Personen mit dem Geschlechtseintrag "divers" und Personen, die sich in einer Transition befinden, hatten faktisch keine Möglichkeit am Spielbetrieb teilzunehmen. Dies hat sich vor der Saison 2022/2023 beim Südbadischen Fußballverband geändert. Seit diesem Zeitpunkt können auch tin* Personen unter ganz klar festgelegten Voraussetzungen ein Spielrecht in Südbaden beantragen. Dies ist unter anderem dem Engagement unserer Vertrauensperson Katharina Keßler zu verdanken, die sich beim Südbadischen Fußballverband für das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt einsetzt. Am heutigen Intersex Awareness Day (Welttag der Intersexualität) hat sich Mitarbeiterin Viola Klausmann, die im Hauptamt für das Thema "Gesellschaftliches Engagement" zuständig ist, mit Katharina Keßler unterhalten.
Neben deiner Funktion als Bezirksvorsitzende des Bezirks Hochrhein wurdest du vor zwei Jahren beim Südbadischen Fußballverband als Vertrauensperson und Anlaufstelle für das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt benannt. Wie kam es dazu?
Ich bin 2020 auf einen Bericht gestoßen, in dem über die Regelungen des Berliner Fußballverbandes zum Spielrecht für trans* und inter* Personen berichtet wurde. Damals war ich als Frauenbeauftragte des Bezirks Hochrhein auch Angehörige des Verbandsausschusses für Frauen- und Mädchenfußball (VAFM) und habe das Thema dort mal angesprochen. Anschließend kam es zum Kontakt mit der Geschäftsstelle und dem Verbandsvorstand diesbezüglich. Als dann der DFB im Jahr 2021 eine Kompetenz- und Anlaufstelle für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Fußball einrichtete, wurde ich durch den Verbandsvorstand gefragt, ob ich die Aufgabe der Vertrauensperson beim Südbadischen Fußballverband übernehmen möchte.
Welche Maßnahmen wurden in deiner bisherigen Amtszeit als Vertrauensperson beim Verband umgesetzt?
Die erste Maßnahme war die Besetzung der Vertrauensperson. Das ist leider noch nicht in allen anderen Landesverbänden erfolgt. Zudem wenden wir die Möglichkeiten, die das neue Spielrecht gibt, bei Bedarf entsprechend pragmatisch an. Ganz aktuell wurde der Spielberechtigungsantrag angepasst und ich bin regelmäßig im Austausch mit der Geschäftsstelle.
Was sind deine weiteren Ziele und Vorhaben?
In enger Abstimmung mit der Geschäftsstelle geht es darum, Wege zu finden, das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, sowie andere gesellschaftliche Themen, auch in die Aus- und Fortbildung einzubauen. Sowohl für Trainerinnen und Trainer, aber auch für Vereinsverantwortliche und natürlich für die haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden des SBFV. Unterstützungsangebote für Vereine soll es zukünftig auch geben. Das wichtigste Ziel wird aber immer bleiben, als Vertrauensperson für die tin* Personen da zu sein, die gerne Fußball spielen möchten.
Was siehst du als größte Herausforderung an?
Der Abbau von Vorurteilen und stereotypischen Vorstellungen, die bewusst oder unbewusst, gegenüber von trans*, inter* und nicht-binären, aber auch gegenüber von nicht heterosexuellen Menschen bestehen sind aus meiner Sicht die größte Herausforderung. Nicht nur im Fußball.
Was können die Vereine hinsichtlich des Themas sexuelle und geschlechtliche Vielfalt tun?
Das gleiche, was sie auch für einen insgesamt vielfältigen Verein tun können. Für ein offenes und wertschätzendes Umfeld und Miteinander einstehen. Das fängt bei der Sprache an, wobei jegliche Form abwertender Sprache auf und neben dem Platz nichts verloren hat. Gegen alle Formen von Diskriminierung sollte dabei konsequent vorgegangen werden. Auch Angebote, die es durch den Verband oder andere Träger zu dem Thema oder anderen gesellschaftlichen Themen gibt, sollten wahrgenommen werden.
Heute am 26.10. ist der Intersex Awareness Day (Welttag der Intersexualität). Welche Bedeutung hat dieser Tag? Auf was soll er aufmerksam machen?
Seit 1996 findet jedes Jahr am 26. Oktober der Intersex Awareness Day statt. Der Tag soll intersexuelle Menschen sichtbarer machen und ihre Rechte stärken. Eine Welt, in der viele nur zwischen Mann und Frau unterscheiden, stellt diejenigen vor Herausforderungen, die gewissermaßen zwischen den Stühlen stehen. Intersexuelle Menschen haben nämlich sowohl männliche als auch weibliche Merkmale und fallen damit aus dem klassischen binären Schema. Sie stellen dadurch eine Mischung beider Kategorien dar, die sich – rein biologisch – weder eindeutig dem einen noch dem anderen Geschlecht zuordnen lässt. Intersexualität lässt sich nicht immer von außen erkennen und kann deshalb manchmal nicht direkt nach der Geburt festgestellt werden. Es kann ebenso vorkommen, dass Betroffene ihre Intergeschlechtlichkeit erst im Laufe der Pubertät bemerken, wenn sich ihr Körper nicht dem Geschlecht entsprechend verändert, das auf der Geburtsurkunde eingetragen ist. Intersexualität ist dadurch zwar sehr vielfältig, doch es gilt in der ganzen Bandbreite bis heute offiziell als krankhafte „Störung“.
Seit 2018 ist es ganz offiziell möglich, bei der eigenen Geschlechtsidentität nicht mehr nur zwischen männlich und weiblich wählen zu müssen. Im Geburtenregister gibt es seitdem zusätzlich die Option „divers“ für intersexuelle Menschen. Betroffene können ihr behördlich erfasstes Geschlecht auch noch nachträglich ändern lassen, wenn sie das Gefühl haben, bei der Geburt einem falschen zugeordnet worden zu sein. Bis das dritte Geschlecht zur gesellschaftlichen Normalität wird, ist es noch ein langer Weg.
Katharina Keßler steht den südbadischen Vereinen, sowie Spieler*innen und Eltern bei jeglichen Fragen gerne unterstützend zur Seite.
Nähere Informationen zum Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt sowie die Kontaktdaten von Katharina Keßler sind auf der Website des Südbadischen Fußballverbandes unter folgendem Link zu finden: https://www.sbfv.de/vielfalt
Neben deiner Funktion als Bezirksvorsitzende des Bezirks Hochrhein wurdest du vor zwei Jahren beim Südbadischen Fußballverband als Vertrauensperson und Anlaufstelle für das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt benannt. Wie kam es dazu?
Ich bin 2020 auf einen Bericht gestoßen, in dem über die Regelungen des Berliner Fußballverbandes zum Spielrecht für trans* und inter* Personen berichtet wurde. Damals war ich als Frauenbeauftragte des Bezirks Hochrhein auch Angehörige des Verbandsausschusses für Frauen- und Mädchenfußball (VAFM) und habe das Thema dort mal angesprochen. Anschließend kam es zum Kontakt mit der Geschäftsstelle und dem Verbandsvorstand diesbezüglich. Als dann der DFB im Jahr 2021 eine Kompetenz- und Anlaufstelle für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Fußball einrichtete, wurde ich durch den Verbandsvorstand gefragt, ob ich die Aufgabe der Vertrauensperson beim Südbadischen Fußballverband übernehmen möchte.
Welche Maßnahmen wurden in deiner bisherigen Amtszeit als Vertrauensperson beim Verband umgesetzt?
Die erste Maßnahme war die Besetzung der Vertrauensperson. Das ist leider noch nicht in allen anderen Landesverbänden erfolgt. Zudem wenden wir die Möglichkeiten, die das neue Spielrecht gibt, bei Bedarf entsprechend pragmatisch an. Ganz aktuell wurde der Spielberechtigungsantrag angepasst und ich bin regelmäßig im Austausch mit der Geschäftsstelle.
Was sind deine weiteren Ziele und Vorhaben?
In enger Abstimmung mit der Geschäftsstelle geht es darum, Wege zu finden, das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, sowie andere gesellschaftliche Themen, auch in die Aus- und Fortbildung einzubauen. Sowohl für Trainerinnen und Trainer, aber auch für Vereinsverantwortliche und natürlich für die haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden des SBFV. Unterstützungsangebote für Vereine soll es zukünftig auch geben. Das wichtigste Ziel wird aber immer bleiben, als Vertrauensperson für die tin* Personen da zu sein, die gerne Fußball spielen möchten.
Was siehst du als größte Herausforderung an?
Der Abbau von Vorurteilen und stereotypischen Vorstellungen, die bewusst oder unbewusst, gegenüber von trans*, inter* und nicht-binären, aber auch gegenüber von nicht heterosexuellen Menschen bestehen sind aus meiner Sicht die größte Herausforderung. Nicht nur im Fußball.
Was können die Vereine hinsichtlich des Themas sexuelle und geschlechtliche Vielfalt tun?
Das gleiche, was sie auch für einen insgesamt vielfältigen Verein tun können. Für ein offenes und wertschätzendes Umfeld und Miteinander einstehen. Das fängt bei der Sprache an, wobei jegliche Form abwertender Sprache auf und neben dem Platz nichts verloren hat. Gegen alle Formen von Diskriminierung sollte dabei konsequent vorgegangen werden. Auch Angebote, die es durch den Verband oder andere Träger zu dem Thema oder anderen gesellschaftlichen Themen gibt, sollten wahrgenommen werden.
Heute am 26.10. ist der Intersex Awareness Day (Welttag der Intersexualität). Welche Bedeutung hat dieser Tag? Auf was soll er aufmerksam machen?
Seit 1996 findet jedes Jahr am 26. Oktober der Intersex Awareness Day statt. Der Tag soll intersexuelle Menschen sichtbarer machen und ihre Rechte stärken. Eine Welt, in der viele nur zwischen Mann und Frau unterscheiden, stellt diejenigen vor Herausforderungen, die gewissermaßen zwischen den Stühlen stehen. Intersexuelle Menschen haben nämlich sowohl männliche als auch weibliche Merkmale und fallen damit aus dem klassischen binären Schema. Sie stellen dadurch eine Mischung beider Kategorien dar, die sich – rein biologisch – weder eindeutig dem einen noch dem anderen Geschlecht zuordnen lässt. Intersexualität lässt sich nicht immer von außen erkennen und kann deshalb manchmal nicht direkt nach der Geburt festgestellt werden. Es kann ebenso vorkommen, dass Betroffene ihre Intergeschlechtlichkeit erst im Laufe der Pubertät bemerken, wenn sich ihr Körper nicht dem Geschlecht entsprechend verändert, das auf der Geburtsurkunde eingetragen ist. Intersexualität ist dadurch zwar sehr vielfältig, doch es gilt in der ganzen Bandbreite bis heute offiziell als krankhafte „Störung“.
Seit 2018 ist es ganz offiziell möglich, bei der eigenen Geschlechtsidentität nicht mehr nur zwischen männlich und weiblich wählen zu müssen. Im Geburtenregister gibt es seitdem zusätzlich die Option „divers“ für intersexuelle Menschen. Betroffene können ihr behördlich erfasstes Geschlecht auch noch nachträglich ändern lassen, wenn sie das Gefühl haben, bei der Geburt einem falschen zugeordnet worden zu sein. Bis das dritte Geschlecht zur gesellschaftlichen Normalität wird, ist es noch ein langer Weg.
Katharina Keßler steht den südbadischen Vereinen, sowie Spieler*innen und Eltern bei jeglichen Fragen gerne unterstützend zur Seite.
Nähere Informationen zum Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt sowie die Kontaktdaten von Katharina Keßler sind auf der Website des Südbadischen Fußballverbandes unter folgendem Link zu finden: https://www.sbfv.de/vielfalt
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